Evangelium nach Johannes (1,29-34)
Am letzten Sonntag lasen wir, wie der Evangelist Matthäus die Taufe von Jesus beschrieben hat. Heute hören wir, wie im Johannesevangelium über die Taufe von Jesus aus der Sicht des Johannes des Täufers gesprochen wird. Johannes verwendet dazu uralte Worte. So sagt er u.a.: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“. Jeden Sonntag sprechen wir diese Worte sogar dreimal hintereinander: „Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt“ und anschließend wird noch einmal wiederholt: „Seht, das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt.“ Viele von uns verstehen das nicht mehr. Es ist eine fremde Sprache und wir fangen damit nichts mehr an. Deswegen meinen viele: „Wozu sagen wir so etwas?“
Natürlich kann man das alles erklären. „Lamm Gottes“ ist ein Bild das wir schon im AT finden. Der Prophet Jesaja verwendet es für den sogenannten „Diener Gottes“, der unschuldig ist „wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt." Die ersten Christen haben dieses Bild übernommen und auf Jesus übertragen. Darüber hinaus war ihnen das Schlachten von Opferlämmern im Tempel zu Jerusalem bekannt. Dieses diente damaliger Auffassung gemäß als Ausdruck der Ergebenheit Gott gegenüber. Deswegen gab es auch jährlich das Schlachten des Paschalammes, zur Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten: Das Blut des Lammes musste an die Türpfosten gestrichen werden, und wo das der Fall war, ist der Erstgeborene nicht gestorben. Das Lamm als „Lebensretter“.
Im Tempel wurde auch ein Lamm geopfert als Bitte um Tilgung von Sündenschuld. „Sündigen“ wurde aber nicht an erster Stelle als ein Übertreten von Geboten verstanden, sondern „Sündigen“ bedeutet: absondern, trennen, scheiden, entzweien, aber auch undankbar sein, verachten. Man kehrt sich von Gott ab, die Verbindung des Menschen mit Gott wird gestört, der Mensch verfällt der Gottferne. Und aus dieser Verlorenheit kann er sich nicht selbst befreien. Das Opferlamm soll die Verbindung mit Gott wieder herstellen. Jesus ist das Lamm, das „die Sünden der Welt hinwegnimmt.“
Nach den Worten des Evangelisten weiß sich Johannes der Täufer dazu berufen, das Volk mit Jesus als „Lamm Gottes" bekannt zu machen. Er kann dies nach eigener Aussage, weil er bei seiner Tauftätigkeit den Geist Gottes auf Jesus herabkommen sah,. Dank dieser ihm geschenkten Sicht kann er bezeugen: „Er ist der Sohn Gottes." Das ist also die Aufgabe von Johannes: Auf Jesus aufmerksam machen, damit die Menschen sich Jesus anschließen.
Weil mich jemand auf ein gutes Buch aufmerksam gemacht hat, darum habe ich es gelesen.
Weil mich jemand auf Wichtiges hinwies, darum habe ich es nicht übersehen.
Weil mich jemand in den Glauben einführte und mir Gottes Liebe nahebrachte, darum suche ich Gottes Nähe und die Freundschaft mit ihm.
Kurz: Sehr viel Gutes und Entscheidendes kann nur geschehen, weil mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat.
Wir sind zum Glauben an Gott und an Jesus gekommen, weil andere (Eltern, Großeltern, Lehrer, Priester, schlussendlich „die Kirche“) mich auf sie aufmerksam gemacht haben. Zum Glauben kommt man durch andere. Wir verdanken anderen unseren Glauben an Jesus. Allein, nur auf uns selbst gestellt, ist das nicht möglich. Und es ist praktisch nicht möglich, allein, auf sich gestellt, gläubig zu bleiben. Dazu brauchen wir einander. Dazu brauchen wir die Glaubensgemeinschaft. Wir können nur christlich glauben durch und miteinander. Der christliche Glaube ist einerseits eine sehr persönliche Entscheidung, aber er kann sich nur weiterentwickeln und am Leben bleiben miteinander. Er ist gleichzeitig ein Gemeinschaftsglaube. Immer brauchen wir Menschen - wie Johannes den Täufer.